Used Futures: Wie überholte Narrative unsere Vorstellungskraft lähmen – und was wir dagegen tun können

Dieser Text ist Teil einer Serie, in der ich mit ChatGPT Blogbeiträge schreibe. Unsere Texte verbinden fundierte, interdisziplinäre Analysen mit praxisnahen Beispielen – in klarer, authentischer Sprache. Basierend auf meiner Stilbiografie, die auf meinen 10 liebsten, selbst verfassten Texten beruht, setze ich auf effiziente Texterstellung und tiefgründige Reflexion, ohne den persönlichen Ausdruck zu verlieren.

Wir erzählen uns ständig Geschichten über die Zukunft. Manche sind utopisch, manche düster, viele folgen bewährten Mustern. Doch was, wenn genau diese Muster verhindern, dass wir uns tatsächlich neue Zukünfte vorstellen können?

Der Zukunftsforscher Sohail Inayatullah prägte den Begriff der Used Future – eine Zukunft, die uns als unausweichlich erscheint, weil sie sich in Narrativen so festgesetzt hat, dass Alternativen kaum noch denkbar sind. Used Futures sind nicht zwangsläufig falsch, aber sie sind verbraucht. Sie beruhen auf überholten Annahmen, die sich nicht mehr mit den Herausforderungen der Gegenwart decken. Und das Problem: Sie steuern unser Denken, oft ohne dass wir es merken.

Narrative sind mächtiger als wir glauben

Um zu verstehen, warum Used Futures so wirksam sind, müssen wir zunächst den Unterschied zwischen Narrativen und Geschichten klären.

Geschichten sind konkrete Erzählungen mit Figuren, Handlung und Emotionen – sie vermitteln uns eine Erfahrung. Ein gutes Beispiel dafür sind die Märchen, mit denen Kinder aufwachsen: Rotkäppchen zeigt uns die Gefahr, naiv Fremden zu vertrauen, während Aschenputtel suggeriert, dass Geduld und Tugendhaftigkeit am Ende belohnt werden.

Narrative dagegen sind größere, abstraktere Strukturen, die sich aus vielen Geschichten zusammensetzen. Sie sind das unsichtbare Muster hinter unseren Erzählungen. Das „Held*innen-Narrativ“ etwa durchzieht zahllose Geschichten von der Antike bis Hollywood – vom Gilgamesch-Epos über Der Herr der Ringe bis hin zu Elon Musks Biografie.

In ihrem Buch „Erzählende Affen“ erklären Samira El Ouassil und Friedemann Karig, dass Menschen nicht nur Homo Sapiens, sondern vor allem Homo Narrans sind – erzählende Wesen, die ihre Welt durch Geschichten begreifen. Doch das Problem: Wenn Narrative zu dominant werden, wiederholen sie sich in Schleife und lassen keinen Raum für Neues. Genau das ist die Gefahr von Used Futures.

Wie erkennt man eine Used Future?

Inayatullah nennt vier zentrale Merkmale einer Used Future:

  1. Sie ist eine verbrauchte Erzählung. Sie wurde so oft wiederholt, dass sie als selbstverständlich gilt – obwohl sich die Welt längst weitergedreht hat.
  2. Sie blockiert alternative Zukünfte. Indem sie andere Zukunftsbilder als unrealistisch, naiv oder gefährlich darstellt, engt sie unseren Vorstellungshorizont ein.
  3. Sie ist selbstverstärkend. Medien, Politik und Popkultur erzählen sie immer wieder nach, sodass sie sich in unser Denken eingräbt.
  4. Sie hält uns in alten Mustern gefangen. Weil sie das Bekannte bestätigt, statt das Neue zu erfinden, verhindert sie echte Transformation.

Ein Beispiel: Die Heldenreise.

Die Heldenreise als Used Future

Joseph Campbells Konzept der Heldenreise – eine Erzählstruktur, die er in Mythen aus aller Welt wiedererkannte – prägt bis heute unzählige Geschichten. Sie folgt einem festen Muster:

  • Ein Held oder eine Heldin verlässt die gewohnte Welt.
  • Nach Prüfungen und Widerständen wird er/sie transformiert.
  • Die Rückkehr bringt der Gesellschaft eine neue Wahrheit oder ein neues Geschenk.

Hollywood liebt dieses Narrativ. Vom König der Löwen bis Der Herr der Ringe läuft fast jeder Blockbuster nach diesem Schema. Auch in politischen Reden („Wir stehen vor einer Prüfung, doch wir werden sie meistern!“) und Erfolgsgeschichten („Ich habe alles riskiert und wurde belohnt!“) findet sich die Heldenreise wieder.

Doch sie ist ein Used Future.

  • Verbrauchte Erzählung? Definitiv. Sie wurde so oft erzählt, dass sie fast schon langweilig wirkt.
  • Blockiert sie Alternativen? Ja, denn sie legt nahe, dass Wandel nur durch außergewöhnliche Einzelpersonen geschieht – nicht durch Kollektive, Netzwerke oder langsame, iterative Prozesse.
  • Selbstverstärkend? Absolut. Hollywood, Bestseller-Autor*innen und Führungspersönlichkeiten nutzen sie ständig.
  • Hält sie uns in alten Mustern? Ja. Sie reduziert Veränderung auf einen dramatischen Kampf statt auf langfristige soziale Prozesse.

Das Problem: Wenn wir Zukunft immer nur als Heldenreise denken, erwarten wir die eine große Veränderung statt schrittweiser Transformation. Wir suchen Held*innen, anstatt selbst zu handeln.

Weitere Beispiele für Used Futures in der Popkultur

  1. Das Fortschrittsnarrativ: Die Annahme, dass technologische und wirtschaftliche Entwicklung zwangsläufig zu einer besseren Zukunft führen. Beispiel: Fast jeder Science-Fiction-Film, der eine hochtechnologische Gesellschaft als Endpunkt der Entwicklung sieht (z. B. Star Trek).
  2. Der Selfmade-Mythos: Die Idee, dass individueller Ehrgeiz allein über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Beispiel: The Wolf of Wall Street oder unzählige Biografien von Unternehmer*innen.
  3. Die technologische Dystopie: Die Vorstellung, dass Technologie unausweichlich zur Überwachung, Kontrolle oder Katastrophe führt. Beispiel: Black Mirror.
  4. Das Narrativ der unvermeidlichen Modernisierung: Die Annahme, dass alle Gesellschaften früher oder später einem westlich geprägten Fortschrittspfad folgen. Beispiel: Der ständige Glaube, dass Länder „aufholen“ müssen, anstatt eigene Entwicklungspfade zu gehen.

Wie könnte man Geschichten zukunftsoffener erzählen?

Anstatt immer wieder die gleichen Used Futures zu reproduzieren, könnten Narrative geschaffen werden, die:

  • Mehrschichtigkeit und Ambivalenz betonen (anstatt binärer Gut-Böse-Schemata).
  • Kollektive Handlung sichtbar machen (statt nur Einzelheld*innen in den Mittelpunkt zu stellen).
  • Soziale, kulturelle und ethische Faktoren mitdenken (statt Fortschritt nur als technologische oder wirtschaftliche Entwicklung zu begreifen).
  • Alternative Zukunftspfade erkunden (statt linearer Fortschrittserzählungen).

Ein Film, der das bereits versucht, ist etwa Everything Everywhere All at Once (2022), der nicht nur eine Heldenfigur, sondern ein vielschichtiges Beziehungsnetzwerk als Kern der Veränderung zeigt. Oder in der Literatur: Becky Chambers’ Wayfarers-Reihe, die Science-Fiction nicht als Held*innenepos, sondern als Erkundung pluralistischer Lebensformen erzählt.

Fazit: Zukunft beginnt mit neuen Geschichten

Narrative formen unsere Wahrnehmung der Zukunft. Wenn wir Used Futures nicht hinterfragen, erzählen wir immer wieder die gleichen, begrenzenden Geschichten – und wundern uns, warum sich die Welt nicht ändert.

Aber: Zukunft ist offen. Und sie beginnt mit der Art, wie wir über sie sprechen.

Vielleicht wäre der erste Schritt, sich bewusst zu machen, welche Stories wir erzählen – und welche wir noch nie erzählt haben.

Blogadmin, kritischer Zukunftsforscher und Realutopist. Mehr über den Blogansatz unter dem Menüpunkt Philosophie.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back to Top