Masterarbeit gegliedert – was sind die Ziele der Kapitel? Forschungstagebuch Teil 3

Sehr Meta, diese Ebene. Jedoch hat mir Wenzel Mehnert, Research Assistant for “Building better Worlds” an der Universität der Künste, in einem Gespräch empfohlen sich für die Gliederung einer wissenschaftlichen Arbeit dringend ein paar Fragen zu stellen. Und zwar:

  1. Was ist das Ziel des jeweiligen Kapitels?
  2. Welche Bedeutung hat das Kapitel für die Arbeit?
  3. Wie hängt das Kapitel mit dem vorherigen und dem anschließenden zusammen?

Dieser Teil meines Forschungstagebuchs beantwortet diese drei Fragen für die oberste und die zweite Ebene der jeweils angedachten Kapitel. Ich halte es mir offen im Forschungsfortschritt noch weitere Unterkapitel hinzuzufügen, falls nötig.

Hier geht’s zu allen bisherigen und folgenden Teilen des Forschungstagebuchs. Falls du, wie ich, etwas autistisch bist und gerne in der korrekten Reihenfolge liest.

1. Einleitung

Ziel des Kapitels: Gibt Überblick, macht Lust, weckt Neugierde, öffnet die Klammer der Theorie der Zukunftsgestaltung. Ich behaupte es braucht eine Theorie der Zukunftsgestaltung, die Kritik und Utopie ernst nimmt, weil… Punkt 1-3.

Bedeutung für die Arbeit: Entscheidet, ob Lesende verstehen, was ich vorhabe und ob sie daran Interesse entwickeln – außerdem legt die Einleitung die Grundlage für einen wünschbaren Aha-Moment im Schluss

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Es wird klar auf welcher Basis ich die Theorie hervorbringen will. Genaueres folgt in Kapitel 2. Für die intersubjektive Nachvollziehbarkeit des Vorgehens folgt meine Weltkonstruktion.

2. Weltkonstruktion

Ziel des Kapitels: Dieses Kapitel zeigt, mit welchem Blick ich auf Wissenschaft, Zukunftsforschung, den Status Quo der Zukunftsgestaltung und eine mögliche Methodik zur Theorieerstellung blicke

Bedeutung für die Arbeit: Hier soll klar werden, mit welchem Blick auf Wissenschaft dieser Text verfasst wird. Das transparent machen meiner Weltsicht ist eine Hinführung für die Auswahl der Theorien, die in einer neuen Theorie der Zukunftsgestaltung aufgehen soll.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Während es im vorherigen Kapitel um den großen Rahmen der Arbeit geht, vertieft dieses Kapitel meinen Zugang zu Zukunftsgestaltung im wissenschaftlichen Kontext.

2.1 Situated Knowledges

Ziel des Kapitels: Darstellen, dass es subjektiven Zugang zu Wissen, denken an sich, Zukunftsdenken und Denken über Zukunftsdenken gibt. #transdisziplinär #postmodern #konstruktivismus #anarchismus #vorannahmen

Bedeutung für die Arbeit: Das Kapitel befreit die Arbeit von einer am wissenschaftlich beliebten “god trick” angelehnten Allgemeingültigkeit. Dadurch wird sie gestärkt, weil die für die Theorie vorgebrachten Argumente nicht zwangsläufig gegen mögliche Gegenargumente bestehen müssen, da viele davon für diese Arbeit gar keine Rolle spielen.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Nachdem in 2.1 gezeigt wurde, was situiertes Wissen in der Theorie ist, expliziere ich in 2.2 meine Situierung hinsichtlich dem Dreiklang Zukunftswissenschaft, Zukunftsforschung und Zukunftsgestaltung.

2.2 Zukunftswissenschaft – Zukunftsforschung – Zukunftsgestaltung

Ziel des Kapitels: Offenlegung einer subjektiven Wahrnehmung auf die drei Teilaspekte, unterstützt durch diverse Querverweise.

Bedeutung für die Arbeit: Es scheint mir wichtig, klar zu machen, dass in den drei Teilbereichen unterschiedliche Dinge besonders wichtig sind, wodurch sie sich voneinander abgrenzen. Gleichzeitig scheint eine kritische Theorie von einer praktischen Gestaltung abhängig zu sein – und umgekehrt.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Nach dem Kapitel ist klar, in welcher Wechselwirkung ich mir Wissenschaft, Forschung und Gestaltung wünsche. Im nächsten distanziere ich mich, auf diesem aufbauend, von dem, was aktuell als Zukunftsgestaltung verstanden wird.

2.3 Abgrenzung zu Zukunftsgestaltung in krisenhaften, neoliberalen Systemlogiken

Ziel des Kapitels: Klarmachen, was ich nicht als Zukunftsgestaltung verstehe, sondern als Verwaltung, Reproduktion und permanente Rückkehr zur alten Ordnung bzw. sogar Stabilisierung dieser.

Bedeutung für die Arbeit: Das ist das einzige Kapitel in dem klar wird, was diese Arbeit ablehnt – ansonsten geht es um das konstruktive Erschließen einer neuen Theorie. Entsprechend klar und einleuchtend muss diese Ablehnung argumentiert werden.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Nachdem ich bisher meinen Wissenschaftszugang und mein Verständnis von Zukunftsforschung dargelegt habe, sowie in diesem Kapitel eine Abgrenzung zur aktuell vorherrschenden Zukunftsgestaltung vornahm, werde ich nun konsequenterweise mein Vorgehen zur Erstellung eines neuen Theorieenwurfs präsentieren.

2.4 Methodik der Theorieerstellung

Ziel des Kapitels: Basierend auf Literaturverweise herausarbeiten, was ich mir unter einer Theorie vorstelle und wie ich gedenke eine neue Theorie der Zukunftsgestaltung zu erarbeiten.

Bedeutung für die Arbeit: Hier wird das Vorgehen begründet – sozusagen die Basis für die Anerkennung der Arbeit in der Science Community.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Dieses Kapitel schließt meine “Weltkonstruktion” ab und gibt einen Ausblick auf die Vorgehensweise zur Erstellung der Theorie – die, transdiziplinär logisch, auf bestehenden Theorien und Ansätzen basiert.

3. Zugrundeliegende Theorien im Kontext von Zukunftsgestaltung

Ziel des Kapitels: Zukunftsforschung, kritische Zukunftsforschung, reale Utopien und Individuen als Handelnde im Kontext einer neuen Theorie der Zukunftsgestaltung untersuchen

Bedeutung für die Arbeit: Das Eintauchen in die bestehenden Theorien vor dem Hintergrund der Arbeit bildet das Fundament der zu erstellenden Theorie.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Vorab wurde erklärt, warum diese Theorien im Sinne der Arbeit ausgewählt wurden. Nun tauchen wir in die theoretische Grundlagen der Zukunftsforschung im Kontext der Zukunftsgestaltung ein.

3.1 Zukunftsforschung

Ziel des Kapitels: Erkenntnisse des Orchideenfachs zum Thema bündeln und dabei ein dichotomes entweder/oder vermeiden

Bedeutung für die Arbeit: Durch das Aufzeigen des historischen Verständnisses und aktueller Diskussionen der (primär deutschen) Zukunftsforschung soll die zu erarbeitende Theorie an Gewicht gewinnen und Anschlussfähigkeit gewinnen.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Als Masterarbeit im Studiengang Zukunftsforschung widme ich mich als erstes den theoretischen Grundlagen zur Zukunftsgestaltung, die diese Disziplin bisher hervorgebracht hat. Im Anschluss tauche ich in die in Deutschland bisher unterrepräsentierte Nische der kritischen Zukunftsforschung ein, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit eine der beiden wesentlichen Theorien darstellt.

3.2 Kritische Zukunftsforschung

Ziel des Kapitels ist es einen Überblick über verschiedene DenkerInnen der kritischen Zukunftsforschung zu vermitteln und deren theoretische Essenzen zu abstrahieren.

Bedeutung für die Arbeit: Im Sinne der Kritik und der Zukunftswissenschaft bildet die in diesem Kapitel zu erzielenden Erkenntnisse im Mittelpunkt der Arbeit.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Während es vorher um die an der FU gelehrte Zukunftsforschung ging und dieses Kapitel den kritischen Unterbau der Arbeit lieferte, widmet sich das nächste dem anderen entscheidenden Part der angestrebten Theorie: Der Utopie.

3.3 Reale Utopien

Ziel des Kapitels: Tiefes Verständnis davon, was Erik Olin Wright unter realen Utopien versteht, was dabei besonders wichtig ist, was möglicherweise fehlt bzw. wodurch andere Utopisten die Theorie anreichern könnten.

Bedeutung für die Arbeit: Davon ausgehend, dass wir positive Zukunftsbilder brauchen, um von diesen angezogen zu werden, widmet sich dieses Kapitel den realgewordenen, positiven Zukunftsbildern. Es soll nachgezeichnet werden, wie sie Realität werden konnten. Auch wird die Bedeutung von Utopien abgewogen und mit theoretischen und praktischen Hoffnungsschimmern angereichert.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Die Utopie folgt nicht zufällig auf Kritik. Beides braucht das Individuum, um ins Handeln zu kommen. Doch wobei kommt es dabei meiner Meinung nach wirklich an?

3.4 Individuen als Handelnde

Ziel des Kapitels: Verständnis meines Individuumsbegriffs eingebettet in vielerlei theoretische Diskussionen. Entwicklung eines losen Korsetts an Stichpunkten, die für Handlung nötig sein könnten.

Bedeutung für die Arbeit: Dieses Kapitel sollte bei den Lesenden für ein AHA-Erlebnis sorgen. Die gesammelten Erkenntnisse zum Individuum, kombiniert mit den bereits besprochenen Theorien, könnte bereits eine Vorstufe von Zukunfstgestaltung sein – wenn den Lesenden klar wird, welche Hürden sie bisher vom Handeln abhielten.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Bevor im nächsten Kapitel ein theoretischer Entwurf der Zukunftsgestaltung vorgenommen wird, knüpft dieses Kapitel an die Utopie-Theorie an und spricht den Leser direkt an.

3.5 Zusammenführung

Ziel des Kapitels: Ganz im Sinne des Kapitelnamen erfolgt hier eine Zusammenführung des bisher gehörten zu einem theoretischen Aufschlag.

Bedeutung für die Arbeit / Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: In wenigen Seiten fasst dieses Kapitel die theoretischen Grundlagen zusammen und bildet damit wiederum die Grundlage für eine Rückführung in einen praktischeren Diskurs um Zukunftsgestaltung, die im folgenden Kapitel vorgenommen wird.

4. Zukunftsgestaltung praktisch weitergedacht

Ziel des Kapitels: Die Theorie praktisch anwendbar weiterdenken

Bedeutung für die Arbeit: freier machen von der korrekten Wiedergabe und Interpretation der zugrundeliegenden Theorien – und die Theorie der Zukunftsgestaltung dadurch für einen zwingend notwendigen, praktischen Diskurs öffnen.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Die theoretische Zusammenführung wird hier aufgegriffen und – basierend auf den Phasen von Jungks Zukunftswerkstatt – reinterpretiert.

4.1 Kritikphase

Ziel des Kapitels: Was braucht das Individuum, um kritisieren zu können?

Bedeutung für die Arbeit / Zusammenhang anschließendes Kapitel: Wie wird Kritik anschlussfähig für utopisches Denken gemacht?

4.2 Utopiephase

Ziel des Kapitels: Was braucht das Individuum, um utopisch werden zu können?

Bedeutung für die Arbeit / Zusammenhang anschließendes Kapitel: Wie werden die eigenen Utopien anschlussfähig für Realisierung gemacht?

4.3 Realisierungsphase

Ziel des Kapitels: Was braucht das Individuum, um realisieren zu können?

Bedeutung für die Arbeit / Zusammenhang anschließendes Kapitel: Wie entstehen reale Utopien eingeschriebener reflexiver Offenheit?

4.4. Reflexionsphase

Ziel des Kapitels: Grundlagen schaffen für deskriptive Reflexion des erschaffenen Artefakts

Bedeutung für die Arbeit: Ohne Reflexion wäre das erschaffene Artefakt alternativlos und würde damit keine neue Zukunftsgestaltung ermöglichen. Es sollen also Bedingungen für Reflexion ermittelt werden.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Greift die reale Utopie auf, beschreibt sie und geht wieder über in die Kritikphase

5. Schluss

Ziel des Kapitels: Zusammenfassung dessen, was ich nun über Zukunftsgestaltung weiß, wie genau ich das weiß und was ich gerne noch wissen würde.

Bedeutung für die Arbeit: Was weiß ich nun, was ist daran schon sehr gut, was wackelt noch und was sollte angegangen werden? Der Schluss öffnet den Diskurs um neue Theorien der Zukunftsgestaltung.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Der Schluss vereint Theorie und Praxis, Kritik und Utopie und wirft einen Blick auf den aufgeworfenen Stand der Diskussion, die mit einer Masterarbeit maximal angestoßen werden kann.

5.1 Erkenntnisse

Ziel des Kapitels: Die Keylearnings der Arbeit in wenigen, klar verständlichen Worten zusammentragen.

Bedeutung für die Arbeit: Wie ein Management Summary sorgt dieses Kapitel dafür, das Ergebnis der Arbeit in 2 Minuten erfassen zu können.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Wie in 5. angekündigt steht in 5.1, was ich über Zukunftsgestaltung weiß. In 5.2 wird überlegt, wie präzise das Wissen und wo noch Lücken auftauchen.

5.2 Reflexion der Arbeit

Ziel des Kapitels: Aufzeigen, wie zufrieden ich mit den Erkenntnissen bin.

Bedeutung für die Arbeit: Eine gefühlte Bewertung der eigenen Arbeit zeigt, wo ich die Stärken und Schwächen sehe.

Zusammenhang vorheriges und anschließendes Kapitel: Die Erkenntnisse reflektierend bietet dieses Kapitel die Grundlage für das, was nach der Masterarbeit folgen könnte.

5.3 Ausblick

Ziel des Kapitels: Ausformulierung dessen, was mit der vorliegenden Arbeit nun passieren könnte und sollte – und was davon ich leisten kann.

Bedeutung für die Arbeit: Gibt ein Gefühl über meine subjektive Einschätzung dessen, was die entstandene Theorie der Zukunftsgestaltung zu leisten im Stande ist – bereit für Kritik, Utopie, Realisierung und Reflexion.

Zusammenhang vorheriges Kapitel: Basierend auf 5.2 blickt das letzte Kapitel auf mögliche Zukünfte der neuen Theorie der Zukunftsgestaltung.

Blogadmin, kritischer Zukunftsforscher und Realutopist. Mehr über den Blogansatz unter dem Menüpunkt Philosophie.

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