Was heute modern ist – und was dieser Begriff mit Mythen, Marketing und Metamoderne zu tun hat
Dieser Text ist Teil einer Serie, in der ich mit ChatGPT Blogbeiträge schreibe. Unsere Texte verbinden fundierte, interdisziplinäre Analysen mit praxisnahen Beispielen – in klarer, authentischer Sprache. Basierend auf meiner Stilbiografie, die auf meinen 10 liebsten, selbst verfassten Texten beruht, setze ich auf effiziente Texterstellung und tiefgründige Reflexion, ohne den persönlichen Ausdruck zu verlieren.
„Es ändert sich ständig, was als modern gilt, oder?“ – Mit dieser scheinbar beiläufigen Feststellung begann ein Gespräch, das sich schnell als erkenntnisreiche Tiefenbohrung entpuppte. Denn kaum ein Begriff ist im Alltagsdiskurs so allgegenwärtig wie „modern“ – und dabei so wenig reflektiert. Was genau meinen wir, wenn wir etwas als modern bezeichnen? Und warum klebt dieser Begriff so hartnäckig an Dingen, die längst aus der Zeit gefallen sind?
„Modern“ als semantische Nebelkerze
In der Praxis taucht „modern“ überall auf: das moderne Büro, die moderne Medizin, das moderne Denken. Dabei bleibt oft völlig unklar, worauf sich diese Zuschreibung bezieht: auf das Neueste vom Neuen? Auf technologische Aktualität? Auf gesellschaftlichen Fortschritt? Oder einfach nur auf ein diffuses Gefühl von „irgendwie besser“?
Gerade in der Werbung dient „modern“ als Lockvokabel: Es suggeriert Innovationskraft, Relevanz, Zukunftsfähigkeit. Und doch ist es oft nur ein Etikett ohne Substanz. Dass ein Objekt, eine Idee oder ein Verhalten modern genannt wird, sagt wenig darüber aus, warum es relevant oder sinnvoll ist. Die Begriffsunschärfe ist dabei kein Zufall, sondern ein Symptom: „modern“ funktioniert gerade weil es vieles bedeuten kann – und damit wenig muss.
Belustigende Rückblicke: Was alles mal modern war
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie schnell sich der Bedeutungsrahmen verschiebt:
- Flokatis, Nierentische und Raufasertapete galten in den 60ern als ultimativ modern.
- Overheadprojektoren revolutionierten den Unterricht der 80er.
- CD-ROMs mit interaktiven Lernspielen wurden in den 90ern als Bildung der Zukunft verkauft.
- Google Glass wurde 2013 als Vorbote einer neuen Realitätswahrnehmung gehypt – und verschwand schneller aus dem Alltag als die meisten sich erinnern.
Solche Beispiele sind belustigend, weil sie zeigen, wie kurzlebig das Prädikat „modern“ ist – und wie schnell es zur nostalgischen Kuriosität werden kann.
Ist „modern“ nur ein anderes Wort für „Trend“?
Nicht ganz. „Trends“ sind meist kurzfristig, beobachtbar, oft kommerziell getrieben. „Modern“ hingegen scheint eine höhere Weihe zu verleihen. Es erhebt sich zum Meta-Trend, zur stilisierten Fortschrittsformel. Aber auch das hat Folgen: Wer nicht „modern“ ist, wirkt schnell rückwärtsgewandt, altmodisch oder gar reaktionär. Die Zuschreibung schafft Lager, ohne zu erklären. Sie vereinfacht komplexe Transformationsprozesse in ein binäres „modern vs. veraltet“.
Moderne, Postmoderne, Metamoderne – ein Diskurs im Wandel
Geistesgeschichtlich betrachtet ist die Moderne mehr als nur eine Mode: Sie steht für ein Weltbild. Die klassische Moderne (ca. 1890 bis 1930) war durch Fortschrittsglauben, Rationalität, Wissenschaftsoptimismus und das Vertrauen in große Erklärungsmodelle geprägt. Die Industriegesellschaft, der Nationalstaat, das moderne Subjekt – all das sind Errungenschaften und Erfindungen dieser Ära.
Die Postmoderne (ab ca. 1970) demontiert diese Gewissheiten: Sie dezentriert das Subjekt, zersetzt die Erklärungshoheit der Wissenschaft, feiert Vielfalt, Fragmentierung, Ironie. „Anything goes“ wird zum Schlachtruf.
Die aktuelle Diskussion rund um die Metamoderne (seit ca. 2010) versucht, zwischen diesen Polen zu vermitteln. Sie ist ein „sowohl-als-auch“: ernst und ironisch, emotional und rational, lokal und global. Sie erkennt die Zerfaserung der Postmoderne an, will aber dennoch sinn- und werteorientiert neue Zukunftsnarrative entwickeln. Ein pendelndes Weltgefühl, das sich weder mit Naivität noch mit Zynismus zufriedengibt.
Ein tieferer Blick: „Modern“ unter der Lupe der Causal Layered Analysis
Um zu verstehen, wie tief der Begriff „modern“ in unser Denken eingewoben ist, haben wir ihn mithilfe der Causal Layered Analysis (CLA) von Sohail Inayatullah analysiert. Diese Methode unterscheidet vier Bedeutungsebenen gesellschaftlicher Begriffe:
1. Litany (Oberfläche)
„Modern“ als Werbewort, als Bulletpoint im Prospekt: „Modernes Wohnen“, „moderne Technik“, „modernes Mindset“. Bedeutung: oberflächlich, unkritisch, rein beschreibend.
2. Systemisch (Strukturen und Prozesse)
Hier zeigt sich, wie „modern“ systemisch incentiviert wird: durch Innovationsdruck, Konsumlogik, politische Imagepflege. Modernität wird zur strategischen Positionierung, etwa im Stadtmarketing („moderne Smart City“) oder in der Unternehmenskommunikation („modernes Arbeitsumfeld“).
3. Diskursiv (Weltbilder und Narrative)
„Modern“ ist in westlich-industriellen Gesellschaften fest mit Fortschrittsnarrativen verknüpft: Mehr Technik = mehr Lösung. Schneller = besser. Wachstum = Fortschritt. Diese Narrative sind nicht wertfrei, sondern Ausdruck einer spezifischen Weltsicht.
4. Mythisch (tief verwurzelte Bilder und Metaphern)
Hier wird es besonders spannend. „Modern“ aktiviert archetypische Erzählungen: Prometheus, der den Menschen das Feuer bringt. Der Mensch als Beherrscher der Natur. Das Neue als Heilsversprechen. Diese Bilder wirken tief, oft unbewusst – und sind enorm wirkmächtig.
Begriffsarbeit: Was statt „modern“?
Je nach Kontext lassen sich Alternativen finden, die konkreter und reflexiver sind:
- Litany-Ebene:
- statt „modern“ → „zeitgemäß“, „aktuell“, „technologisch fortgeschritten“
- Systemebene:
- statt „modernes System“ → „resilientes“, „nachhaltiges“, „adaptives System“
- Diskursebene:
- statt „modernes Denken“ → „zukunftsorientiertes“, „transformatives“, „post-anthropozentrisches Denken“
- Mythologische Ebene:
- statt „Modernität als Heldenerzählung“ → „regenerative Zyklen“, „ko-evolutionäre Beziehungsnetzwerke“, „Sorge als Leitmotiv“
Fazit: Mehr Differenz, weniger Etikett
Der Begriff „modern“ ist nicht falsch – aber er ist oft zu unbestimmt, um als analytische Kategorie zu dienen. Wer differenziert sprechen will, muss präziser werden: Meinen wir aktuell, innovativ, wirksam, gerecht, nachhaltig? Oder nur modisch? „Modern“ ist keine Qualitätsauszeichnung, sondern ein Hinweis auf den Diskurs, in dem etwas gedeutet wird.
Vielleicht ist es an der Zeit, den Begriff zu entzaubern – nicht um ihn abzuschaffen, sondern um ihn zu entwirren. Denn wenn wir sprachlich klarer werden, können wir auch visionärer denken.