Wie störbar ist ein Denkrahmen? – Über Werte, Dogmen und die Kunst der Unterscheidung

Gute Zukunftsforschung will Denkrahmen stören. Doch nicht alle Denkrahmen lassen sich so einfach irritieren. Manche entpuppen sich als durchlässig, andere als nahezu immun gegenüber Veränderung. Die entscheidende Frage lautet also: Woran erkennt eine kluge Zukunftsforschung, ob sich der Aufwand der Störung lohnt?

Und – wichtiger noch – wie lässt sich überhaupt differenzieren, ob wir es mit verhandelbaren Haltungen oder mit dogmatischer Erstarrung zu tun haben?

Dieser Text ist Teil einer Serie, in der ich mit ChatGPT Blogbeiträge schreibe. Unsere Texte verbinden fundierte, interdisziplinäre Analysen mit praxisnahen Beispielen – in klarer, authentischer Sprache. Basierend auf meiner Stilbiografie, die auf meinen 10 liebsten, selbst verfassten Texten beruht, setze ich auf effiziente Texterstellung und tiefgründige Reflexion, ohne den persönlichen Ausdruck zu verlieren.

Von Werten und Haltungen zu Dogmatismus und Ismen

In einem ersten Schritt bietet sich die Arbeit mit zwei gedanklichen Clustern an:

  • Cluster 1 umfasst Werte, Haltungen und Überzeugungen. Sie bilden persönliche wie kollektive Orientierungsgrößen – sie sind bedeutungsvoll, aber nicht sakrosankt. Sie lassen sich reflektieren, modifizieren, manchmal sogar bewusst loslassen.
  • Cluster 2 hingegen bündelt Dogmatismus, Ideologien und “-Ismen”. Hier werden Überzeugungen nicht mehr verhandelt, sondern verteidigt. Kritik wird als Angriff empfunden. Das Eigene erscheint alternativlos, das Andere als Bedrohung.

Diese Unterscheidung ist hilfreich – aber sie bleibt grob. Denn in der Realität begegnen uns selten die Reinformen. Kaum jemand operiert nur mit offenen Haltungen oder nur mit starren Dogmen. Die meisten Denkrahmen bewegen sich irgendwo dazwischen – fluide, widersprüchlich, selektiv verschlossen.

Denkrahmen als Kontinuum – inspiriert von Nele Fischer

Die Zukunftsforscherin Nele Fischer schlägt in ihrer Dissertation einen bemerkenswerten Denkrahmenbegriff vor: Denkrahmen sind keine fixen Container, sondern Netzwerke von Bedeutungszuweisungen. Sie entstehen aus Gewohnheiten, Sprache, Routinen – und sie wirken nicht nur ordnend, sondern auch selektiv. Was innerhalb eines Denkrahmens gesagt werden kann, erscheint logisch. Was nicht hineinpassen will, wirkt unsinnig, provokativ oder irrelevant.

Fischer unterscheidet zudem zwischen naturalisierten und kontingenten Denkrahmen:

  • Naturalisiert heißt: Der Denkrahmen wird nicht mehr als Rahmen wahrgenommen, sondern als Wirklichkeit selbst.
  • Kontingent heißt: Der Denkrahmen bleibt sichtbar und verhandelbar – zumindest potenziell.

Mit diesem Konzept lässt sich das oben genannte Spektrum weiterdenken. Nicht nur, was geglaubt wird, ist entscheidend, sondern wie offen oder geschlossen der Rahmen selbst ist, in dem diese Überzeugungen verankert sind.

Wie erkennt man die Störbarkeit eines Denkrahmens?

Störbarkeit ist keine Eigenschaft von außen, sondern zeigt sich in der Dynamik eines Rahmens selbst. Hier einige handhabbare Fragen, die zu Beginn eines Projekts helfen können, die Offenheit eines Denkrahmens einzuschätzen – ohne theoretische Überforderung:

  1. Wie fest glauben Sie, dass bestimmte Regeln oder Vorstellungen „einfach so“ gelten?
    → Gibt Hinweise auf die Selbstverständlichkeit bzw. Naturalisiertheit.
  2. Wie oft werden in Ihrer Organisation neue Ideen oder andere Sichtweisen diskutiert?
    → Gibt Aufschluss über die Diskurskultur und den Grad der Reflexivität.
  3. Wie leicht fällt es Ihnen persönlich, bestehende Meinungen zu hinterfragen?
    → Macht den inneren Umgang mit Differenz sichtbar.
  4. Gibt es viel Platz für Veränderungen und neue Ansätze?
    → Ein Indikator für institutionelle Durchlässigkeit.
  5. Wie reagieren andere, wenn jemand etwas anderes vorschlägt als das, was „immer so war“?
    → Zeigt, wie stark Sanktionierung und Konformitätsdruck wirken.

Diese Fragen sind nicht wissenschaftlich präzise, aber sie funktionieren als erste qualitative Heuristik. Sie helfen, nicht nur Denkrahmen zu beschreiben, sondern ein Gespür dafür zu entwickeln, wie tief sie sitzen – und wie viel Energie ihre Irritation vermutlich kosten wird.

Wenn Störung nicht weiterführt: Strategien für den Grenzbereich

Was aber, wenn ein Denkrahmen klar als „unstörbar“ erscheint? Wenn kein Resonanzraum für alternative Zukünfte besteht? Auch das ist eine wertvolle Erkenntnis. Zukunftsforschung muss nicht jede Wand durchbrechen – manchmal reicht es, gezielt Umwege zu schaffen:

  • Statt Konfrontation: Andocken an bestehende Narrative und sie langsam in andere Richtungen verschieben.
  • Statt Irritation auf Konfrontation: Zweideutigkeit zulassen, die Mehrdeutigkeiten aushält.
  • Statt Veränderung von außen: Selbstbeobachtung anregen – Denkrahmen lassen sich manchmal nur von innen lockern.

Fazit: Zwischen Denkrahmen und Handlungsspielraum

Der Begriff des Denkrahmens ist mehr als ein theoretisches Tool. Er erlaubt es, Differenzierungsarbeit zu leisten, ohne vorschnell zu pathologisieren. Nicht jede festgefügte Überzeugung ist gleich ein Dogma. Und nicht jeder wertorientierte Diskurs ist automatisch offen.

Gute Zukunftsforschung erkennt, wann Störung sinnvoll ist – und wann es klüger ist, zunächst zuzuhören, den Denkrahmen zu kartografieren und geduldig mit seinen Rändern zu arbeiten.

Blogadmin, kritischer Zukunftsforscher und Realutopist. Mehr über den Blogansatz unter dem Menüpunkt Philosophie.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Back to Top